Modell einer gestuften und modularisierten Altenpflegequalifizierung

 

Projektleitung

Prof. Dr. Barbara Knigge-Demal (Fachhochschule Bielefeld)
Prof. Gertrud Hundenborn (dip Köln)

Projektpartner

Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip), Köln  

Laufzeit

Mai 2008 bis Februar 2012 

Projektfinanzierung

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein

        

Pflege mit Niveau - qualifiziert in die Zukunft! Abschlussveranstaltung im Kooperationsprojekt "Modell einer gestuften und modularisierten Altenpflegequalifizierung"

Unter Beteiligung von ca. 200 Personen aus unterschiedlichen Bereichen der Fachöffentlichkeit wurden am 07. und 08. November 2011 in Berlin die zentralen Ergebnisse des Projektes "Modell einer gestuften und modularisierten Altenpflegequalifizierung" vorgestellt und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert. In einer mehrjährigen Entwicklungszeit ist ab 2008 ein "Entwurf des Qualifikationsrahmens für den Beschäftigungsbereich der Pflege, Unterstützung und Betreuung älterer Menschen" erarbeitet worden. Darüber hinaus sind umfangreiche Materialien für die Modularisierung von beruflichen Bildungsgängen in der Altenpflege entstanden.

Das Projekt, dessen Laufzeit im Dezember 2011 endete, wurde als Kooperationsprojekt zwischen der Fachhochschule Bielefeld und dem Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) in Köln durchgeführt. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Projektleitung für die Fachhochschule Bielefeld wird von Prof. Dr. Barbara Knigge-Demal, für das dip von Prof. Gertrud Hundenborn wahrgenommen. Als gleichberechtigte Projektleiterinnen haben sie bei wechselnder Federführung für die unterschiedlichen Leistungspakete alle relevanten Projektentscheidungen gemeinsam getroffen. Dabei werden sie durch ein Projektteam von erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.

Mit beiden Schwerpunkten - dem Entwurf des Qualifikationsrahmens sowie den Materialen für modularisierte Bildungsgänge in der beruflichen Altenpflege - antwortet das Projekt auf die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen in der Versorgung älterer Bürgerinnen und Bürger angesichts der demografischen Entwicklung und des damit verbundenen sozialen Strukturwandels. Dieser betrifft in besonderer Weise die Einrichtungen der Pflege, Unterstützung und Betreuung älterer Menschen. Hier wird es ein vordringliches Ziel der kommenden Jahre sein, die Qualität der Pflege und Versorgung durch einen flexiblen, dem Bedarf entsprechenden Personaleinsatz auf einem jeweils angemessenen Niveau zu gewährleisten.

 

Der "Entwurf des Qualifikationsrahmens für den Beschäftigungsbereich der Pflege, Unterstützung und Betreuung älterer Menschen"

Der im Projekt entstandene "Entwurf des Qualifikationsrahmens für den Beschäftigungsbereich der Pflege, Unterstützung und Betreuung älterer Menschen" wurde in einem konsensorientierten Verfahren erarbeitet, in das Expertinnen und Experten aus allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen einbezogen worden sind: Vertreter/innen aus der Bundes- und Landespolitik, aus dem Kreis der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen, Vertreter/innen der älteren Bürger/innen, Ausbildungsverantwortliche aus Altenpflegefachseminaren und Praxiseinrichtungen, Vertreter/innen der Schüler/innen, der Arbeitsagenturen, des Bundesinstituts für Berufsbildung, der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen sowie aus der Wissenschaft. Der Qualifikationsrahmen beschreibt auf acht voneinander abgrenzbaren Niveaus den Pflege-, Unterstützungs- und Betreuungsbedarf älterer Menschen, die Verantwortungs- und Aufgabenbereiche sowie das hierfür notwendige Wissen und Können, wobei sich die beschriebenen Stufen kurz wie folgt kennzeichnen lassen:

  • Qualifikationsniveau 1 ist ausgerichtet auf die Alltagsbegleitung.
  • Qualifikationsniveau 2 ist ausgerichtet auf die persönliche Assistenz und Betreuung.
  • Qualifikationsniveau 3 ist ausgerichtet auf die Durchführung von Aufgaben im Rahmen des Pflegeprozesses.
  • Qualifikationsniveau 4 ist ausgerichtet auf die Steuerung und Gestaltung von komplexen Pflegeprozessen.
  • Qualifikationsniveau 5 ist ausgerichtet auf die Steuerung und Gestaltung von komplexen Pflegeprozessen für spezielle Gruppen von Klientinnen / Klienten.
  • Qualifikationsniveau 6 ist ausgerichtet auf die Steuerung und Gestaltung von hochkomplexen Pflegeprozessen und auf die Leitung von Teams.
  • Qualifikationsniveau 7 ist ausgerichtet auf die pflegerische Leitung in Einrichtungen.
  • Qualifikationsniveau 8 ist ausgerichtet auf die Steuerung und Gestaltung pflegewissenschaftlicher Aufgaben.

Der Entwurf des Qualifikationsrahmens berücksichtigt vorhandene bzw. zeitgleich zum Projekt entwickelte Referenzsysteme (EQR, Entwurf des DQR, Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse, Qualifikationsrahmen für die Pflegewissenschaft). Als sektoraler Qualifikationsrahmen ist er jedoch deutlich konkreter als die bestehenden Referenzsysteme. Er berücksichtigt darüber hinaus gleichermaßen die Anforderungen des Beschäftigungsbereichs sowie die Qualifikationsseite. Der entwickelte Qualifikationsrahmen wird nach einer geplanten und genehmigten Instrumententestung, für die ein Zweijahreszeitraum vorgesehen ist, einen wesentlichen Beitrag zur Personal- und Organisationsentwicklung in Einrichtungen der Altenhilfe leisten.

Modularisierte Bildungsgänge für die berufliche Altenpflege

Die gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen betreffen gleichermaßen die Entwicklungen in der Pflegebildung. Unter Bezugnahme auf Europäische Bildungsprogramme und Strategien galt es im Projekt flexible Konzepte zu entwickeln, die eine rasche Anpassung an veränderte Anforderungen erleichtern und zugleich eine frühe individuelle Profilbildung von Lernenden im Prozess des lebenslangen Lernens fördern. Entstanden sind so Curricula für drei modularisierte Bildungsgänge in der Altenpflege: für die einjährige Ausbildung in der Altenpflegehilfe in NRW, für die dreijährige Ausbildung in der Altenpflege sowie für die Weiterbildung zur Leitung einer pflegerischen Einheit in zwei aufeinander aufbauenden Stufen. Sie greifen die geforderten Kompetenzen gezielt auf und unterstützen zugleich eine schnelle Anpassung an veränderte Bedingungen sowie die Gestaltung flexibler Qualifizierungswege. Damit wird den auf europäischer Ebene erhobenen bildungspolitischen Forderungen nach Transparenz, Flexibilität und Mobilität in der beruflichen Bildung Rechnung getragen, wie sie im Bologna-Prozess und in der Lissabon-Agenda ihren Niederschlag gefunden haben. Insbesondere seit dem Brügge-Kopenhagen-Prozess wird von der EU die Modularisierung der beruflichen Bildung favorisiert.

Exemplarisch sind in Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit ausgewählten Bildungseinrichtungen die entwickelten modularisierten Bildungsgänge im Bereich der Altenpflege erprobt und evaluiert worden.

Modularisierte Bildungsgänge verfolgen das Ziel einer raschen Vergleichbarkeit von erworbenen Qualifikationen bzw. Kompetenz. Module stellen eine Grundlage dar, um die bereits in Bildungsgängen erworbenen Kompetenzen in anderen Bildungsgängen anerkennen bzw. anrechnen zu lassen. Damit soll ein Wechsel zwischen verschiedenen Bildungsgängen auf der gleichen Ebene eines Bildungssystems (horizontale Durchlässigkeit) sowie die Anrechnung bereits erworbener Kompetenzen auf den Bildungsgang einer höheren Bildungsstufe (vertikale Durchlässigkeit) ermöglicht und erleichtert werden. Zur Gewährleistung der Anrechnung bereits erworbener Kompetenzen müssen Module transparent und vergleichbar sein. Aus diesem Grunde sollen sie auf betriebs- und trägerübergreifenden Standards basieren. In diesem Sinne sind Module auch dann als effektiv und ökonomisch zu verstehen, wenn sie für mehrere Berufsbilder passen. So können Module eines Bildungsgangs gleichzeitig Zusatzmodule anderer Bildungsgänge sein. Das Modul eines Weiterbildungsberufes kann beispielsweise einem Zusatzmodul zu einem Ausbildungsberuf entsprechen. Dadurch kann die strenge Trennung von Ausbildung und Weiterbildung entschärft werden.

Mit der Modularisierung von Bildungsgängen werden insbesondere folgende Ziele in Verbindung gebracht:

  • die Förderung vertikaler und horizontaler Durchlässigkeit
  • die Vergleichbarkeit erworbener Qualifikationen und Kompetenzen auf nationaler und europäischer Ebene
  • der Erwerb von Teilqualifikationen bei gleichzeitiger Ausrichtung der einzelnen Qualifizierungsgänge auf einen Berufsausbildung bzw. Weiterbildungsabschluss
  • die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenzen und die Persönlichkeitsentwicklung
  • die Erleichterung einer Anrechnung formaler, non-formaler und informell erworbener Kompetenzen
  • die schnellere und leichtere curriculare Anpassung an Veränderungen in den beruflichen Handlungsfeldern
  • die Unterstützung institutioneller Profilbildung über das Angebot von Wahlmöglichkeiten
  • die Unterstützung persönlicher Profilbildung durch Wahlpflicht- und Wahlmodule.