Absolvent des Fachbereichs IuM forscht im ewigen Eis
Gleich zu Beginn des Wintersemesters 2021/22 gab es in der Treffpunkt-Reihe des Forschungsschwerpunkts AMMO (Angewandte Mathematische Modellierung und Optimierung) der FH Bielefeld einzigartige Einblicke in ein ganz persönliches Abenteuer zwischen Schneeschieben und Klimaforschung.
Referent war Marlon Ulbort, der am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM) den Bachelor-Studiengang Regenerative Energien absolviert hat und derzeit im Master-Studiengang Optimierung und Simulation kurz vor seinem Abschluss steht. Zwischenzeitlich verbrachte Ulbort knapp 14 Monate auf der Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis. Als Elektroingenieur der 38. deutschen Antarktisüberwinterung gewährleistete er dabei mit zwei weiteren Ingenieuren den Stationsbetrieb und unterstützte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor Ort. „Es war ein sehr spannender Vortrag über die logistischen und menschlichen Herausforderungen des Projekts. Darüber hinaus erhielten wir Einblicke in brandaktuelle Fragestellungen der Klimaforschung“, berichtet Dr. Claudia Cottin, Professorin am Fachbereich IuM und Moderatorin der Veranstaltung.
Neben einigen Besonderheiten der Antarktis in numerischen Wettervorhersagemodellen sei es vor allem um einen kritischen Kipppunkt des weltweiten Klima-Systems, nämlich den drohenden Zusammenbruch des westantarktischen Eisschilds, gegangen, so Cottin weiter. Allein zwei Gletscher in der Westantarktis seien bereits jetzt für zehn Prozent des globalen Meeresspiegelanstiegs verantwortlich, erklärte Ulbort in seinem Vortrag. Schmelzen sie weiter, könnte das gesamte westantarktische Eisschild kollabieren. Dies hätte einen Anstieg des globalen Meeresspiegels um drei Meter zur Folge. Deshalb habe die wissenschaftliche Gemeinde einen der beiden Gletscher nun auch „Doomsday Glacier“ getauft, weiß Cottin. Selbstverständlich ginge es bei solchen Fragen der Klimaforschung nicht nur um mathematische Modelle und Fragestellungen, wie sie gewöhnlich im Mittelpunkt der Vortragsreihe Treffpunkt AMMO stünden.
Jedoch: „Zahlreiche Beispiele in den Monaten in der Antarktis haben deutlich gezeigt, dass die gemeinsame Sprache der Mathematik häufig der entscheidende Faktor für das gegenseitige Verständnis der Wissenschaftler untereinander und damit unabdingbar für die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist“, erzählte Ulbort von seinen Erfahrungen auf der Forschungsstation. In diesem Sinne engagieren sich beispielsweise auch Mitglieder des Forschungsschwerpunkts AMMO in der vor Kurzem gegründeten Bielefelder Regionalgruppe der "Scientists for Future", in der Ulbort ebenfalls aktiv ist. (cc/th)