Wie können pflegende Angehörige eine stationäre Vorsorge-/Rehabilitation in Anspruch nehmen?
Pflegende Angehörige, die eine speziell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene stationäre Vorsorge/Rehabilitation in Anspruch nehmen möchten, können sich durch Kurberatungsstellen bei der Kliniksuche und Antragstellung unterstützen lassen oder direkt ihre behandelnden Ärzt*innen ansprechen.
Im ersten Schritt wird der Anspruch auf eine Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahme geklärt. Anschließend muss die Notwendigkeit durch eine/n behandelnde/n Ärzt*in bestätigt werden. Für jede*n Versicherte*n besteht die Möglichkeit, sich deutschlandweit eine Vorsorge-/Rehabilitationsklinik auszusuchen und diese bei Antragsstellung als Wunschklinik anzugeben.
Die kooperierenden Einrichtungen des Verbundvorhabens haben ihr Angebot speziell auf pflegende Angehörige ausgerichtet und ermöglichen zum Teil auch die Begleitung durch die pflegebedürftige Person. Auch wenn alle Einrichtungen in NRW liegen, besteht das Angebot für pflegende Angehörige deutschlandweit.
Wie können Ärzt*innen ihren Patient*innen mit Vorsorge-/Rehabilitationsbedarf die Teilnahme ermöglichen?
Für die Teilnahme müssen behandelnde Ärzt*innen die Notwendigkeit einer stationären Vorsorge/Rehabilitation bestätigen. Der Antrag sollte direkt beim zuständigen Leistungsträger eingereicht werden (Gesetzliche Krankenversicherung bzw. Deutsche Rentenversicherung) – z.B. in Abhängigkeit davon, ob die Person berufstätig/erwerbsfähig ist. Über das Wunsch- und Wahlrecht kann dann auf eine spezielle Einrichtung für pflegende Angehörige mit oder ohne Begleitung der pflegebedürftigen Person hingewiesen werden.
Unterstützung bis zur Antragstellung beim zuständigen Leistungsträger wird zudem durch die Kurberatungsstellen angeboten.
Für die Vorsorge-/Rehabilitationskliniken sowie für die Kostenträger ist die richtige Zuweisung bedeutsam. Hierfür muss auf dem Verordnungsformular/Muster angegeben werden, dass die antragstellende Person die Pflege einer/eines Angehörigen übernimmt. Exemplarische Stellen in den Formularen/Mustern sind folgende:
- Stationäre Vorsorge nach § 23 SGB V: Für die Beantragung im Bereich der Vorsorge gibt es derzeit kein eigenes Formular für pflegende Angehörige. Aktuell wird in der Praxis auf das Muster 64 „Verordnung medizinischer Vorsorge für Mütter oder Väter gemäß § 24 SGB V“ zurückgegriffen. Anstatt des Passus „§24“ und „Mütter/ Väter“ wird „§23“ und „pflegende Angehörige“ eingetragen. Außerdem sollte unter Kontextfaktoren das Feld „Pflege von Familienangehörigen“ angekreuzt werden.
- Stationäre Rehabilitation nach § 40 SGB V: Für die Beantragung im Bereich der Rehabilitation über die Gesetzliche Krankenversicherung wird das Formular 61 (neu seit 2020) verwendet. Hier ist es möglich im Teil D VI/C das Feld „pflegende/r Angehörige/r“ anzukreuzen.
Wichtiger Hinweis: Mit Jahresbeginn 2019 wurde mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) der Anspruch pflegender Angehöriger auf eine stationäre Rehabilitation verankert, ohne zuvor ambulante Rehabilitationsmaßnahmen nutzen zu müssen.
- Stationäre Rehabilitation nach § 15 SGB VI: Für die Beantragung im Bereich der Rehabilitation über die Deutsche Rentenversicherung wird bspw. das Formular S0051 verwendet. Da hier kein eigenes Kästchen für die Pflege eines Angehörigen vorliegt, sollte im Bereich „9 Lebensumstände/ Kontextfaktoren“ auf diese Situation hingewiesen werden.
Wie können pflegende Angehörige das Case Management für pflegende Angehörige in Anspruch nehmen?
Pflegende Angehörige, die eine Beratung und Begleitung durch geschulte Case Manager*innen in der eigenen Häuslichkeit wünschen, können sich über direkten Kontakt an die die beteiligten Modellregionen und Institutionen wenden.
Case Manager*innen bieten eine persönliche Beratung und Unterstützung an. Ziel ist es hier, durch eine individuelle Planung von Unterstützungs- und Entlastungsleitungen die Gesundheit und das Wohlbefinden des/der pflegenden Angehörigen zu stärken. Dazu kann auch die Begleitung im Rahmen einer notwendigen stationären Vorsorge- oder Rehabilitation gehören. Der/die Case Manager*in unterstützt dann bei den vorbereitenden Maßnahmen und kann im Rahmen einer nachsorgenden Betreuung den/die pflegende Angehörige bei der Sicherung des Therapieerfolgs im Alltag begleiten.
Wie können Ärzt*innen ihren Patient*innen die Teilnahme an einem Case Management für pflegende Angehörige ermöglichen?
Ärzt*innen weisen in ihrer Praxis pflegende Angehörige auf die Möglichkeit hin, durch geschulte Case Manager*innen eine individuelle sowie bedarfsorientierte Beratung und Begleitung in der eigenen Häuslichkeit (momentan nur an den Modellstandorten) erhalten zu können. Pflegende Angehörige können dann das Case Management über direkten Kontakt zu den angegebenen Städten/ Kreisen oder Institutionen anfragen. Dem/der pflegenden Angehörigen entstehen bei der Inanspruchnahme des Case Managements keinerlei Kosten.
Wie wird die Gruppe der ‚pflegenden Angehörigen‘ im PuRpA-Verbundvorhaben definiert?
Im Verbundvorhaben werden pflegende Angehörige entsprechend der gesetzlichen Grundlage nach § 19 SGB XI definiert. Sie zeichnen sich durch die nicht erwerbsmäßige pflegerische und/oder hauswirtschaftliche Versorgung von mindestens einer pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 2 bis 5 in der Häuslichkeit aus. Im Modellprojekt 2 – "Konzeptentwicklung Case Management für pflegende Angehörige" – erweitert sich die Zielgruppe. Hier werden auch die sorgenden Angehörigen mit in den Blick genommen, da der Präventionsgedanke stark im Fokus steht.
Es gibt bereits Projekte und Modelle, die die Situation pflegender Angehöriger in den Blick nehmen. Inwieweit werden deren Ergebnisse genutzt?
Im Rahmen einer systematischen internationalen Literaturrecherche werden die – für das jeweilige PuRpA-Modellprojekt – relevanten bereits bestehenden Projekte, Modelle und Publikationen identifiziert, außerdem wird nach Best Practice-Projekten und Good Practice-Kriterien in Praxis- und Forschungsdatenbanken gesucht. Diese Ergebnisse fließen mit ein in die Konzeptentwicklung.
Wie werden die pflegenden Angehörigen in den drei Modellprojekten erreicht?
Der Zugang zu pflegenden Angehörigen wird über bestehende Beratungsstrukturen in NRW, wie den Kurberatungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege, den Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz, der kommunalen Pflegeberatung sowie den Wohnberatungsstellen gesucht. Zudem werden die Kostenträger mit eingebunden sowie auch die Hausärzt*innen und die Ambulanten Pflegedienste, die die Problemlagen der pflegenden Angehörigen kennen. Diese sollen als Multiplikator*innen dienen und auf die Angebote aufmerksam machen. Ergänzend wird die Ansprache anlassbezogen über die Lokalpresse sowie Newsletter und Social Media Auftritte von Verbänden und Selbsthilfevereinen erfolgen. Durch einen möglichst breit gewählten Zugang sollen pflegende Angehöriger unterschiedlicher Altersgruppen in der Stadt und auf dem Land erreicht werden.
Ist geplant, immer eine dreiwöchige Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahme anzubieten?
Stationäre Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahmen sind i.d.R. auf eine Dauer von drei Wochen ausgelegt. Bei begründeter medizinischer Notwendigkeit kann eine Verlängerung beantragt werden. Im Bereich der Psychosomatik liegt die reguläre Behandlungsdauer bei 5-6 Wochen. An diesen Richtwerten orientiert sich die Konzeptentwicklung, da eine Umsetzung in anerkannten Vorsorge- und Rehabilitationskliniken in NRW vorgesehen ist.
Gibt es auch einen Ansatz die Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahmen in ambulanter Form für die pflegenden Angehörigen anzubieten?
Im Verbundvorhaben liegt der Fokus – entsprechend der gestellten Förderanträge bei der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW – auf der Entwicklung von Konzepten für stationäre Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahmen für pflegende Angehörige. Ein ambulanter Ansatz wird im Modellprojekt 2 „Case Management“ verfolgt. Darüber hinaus ist eine Übertragbarkeit der entwickelten Konzepte auf den ambulanten Bereich nicht ausgeschlossen, wird aber im Rahmen des Verbundvorhabens nicht primär verfolgt.
Wie werden die Modellstandorte in Nordrhein-Westfalen für das Case Management im Modellprojekt 2 ausgewählt?
In der Erprobungsphase werden Modellstandorte in NRW im ländlichen wie auch urbanen Bereich einbezogen. Gleiches gilt auch bei der Auswahl der Bestandsmitarbeiter*innen, die zu Case Manager*innen für pflegende Angehörige weiterqualifiziert werden sollen. Hier soll ein guter Mix aus kommunalen Pflegeberater*innen, Pflegeberater*innen der Pflegekassen und Mitarbeiter*innen aus weiteren Beratungsstrukturen wie z.B. Quartiersentwickler*innen erreicht werden. Interessierte Kommunen, Kreise und Beratungsstrukturen können sich bei Fragen an die Projektleitung wenden und/oder direkt gerne Interessenbekundungen einreichen.
Gibt es Vorstellungen oder Planungen für Angebote für pflegende Angehörige nach Beendigung ihrer Pflegetätigkeit?
Die Gruppe der ehemals pflegenden Angehörigen steht nicht im Fokus des Verbundvorhabens. Viele Angehörige sind aber auch nach der Beendigung ihrer Pflegetätigkeit erheblich gesundheitlich belastet. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Kurberatungsstellen für pflegende Angehörige diese Menschen nach Möglichkeit in ihrem Bemühen unterstützen, eine Vorsorge/Rehabilitationsmaßnahme für pflegende Angehörige zu beantragen. Die Betreuung durch eine/n Case Manager*in für pflegende Angehörige ist ebenfalls denkbar.
Inwieweit sind die Kostenträger der Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahmen (z.B. Krankenversicherung) in die Projekte eingebunden, bzw. wie ist die Einbindung in Zukunft vorgesehen?
Die Kostenträger werden an verschiedenen Punkten des Projektverlaufs eingebunden, z.B. durch regelmäßige Information und Austauschrunden. Gleichzeitig ist eine Einbindung bei der Begutachtung und Validierung der entwickelten Konzepte vorgesehen. Zudem sind auch Kostenträger im Beirat des Verbundvorhabens vertreten.
Wird bei den Projekten eine Nachhaltigkeit angestrebt?
Anhand der entwickelten modular aufgebauten Konzepte können die bereits bestehenden Angebote im Bereich Prävention und Rehabilitation auf die Zielgruppe(n) pflegender Angehöriger besser ausgerichtet werden. Diese Verstetigung der Projektergebnisse streben wir an und möchten dazu beitragen, dass die entwickelten Konzepte bzw. Maßnahmen als zusätzliche Bausteine in die bestehenden Versorgungsstrukturen integriert und langfristig in die Regelversorgung überführt werden.
Ist es richtig, dass nur Einrichtungen teilnehmen können, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben?
Ja, es können ausschließlich Einrichtungen teilnehmen, deren Hauptsitz in Nordrhein-Westfalen verortet ist.