Internationales Forschungsatelier zu KI-Anwendungen in Energiesystemen
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Forschung und Industrie gemeinsam für eine bessere Zukunft: Mehr als 40 Teilnehmende aus Wirtschaft und Hochschulen aus vier Ländern diskutierten mit Expertinnen und Experten den Einsatz von KI in der Energieversorgung.
Bielefeld (fhb): Vom 3. bis zum 5. Mai veranstaltete die Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme (AGNES) der Fachhochschule (FH) Bielefeld einen internationalen Workshop zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im elektrischen Netz. Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschungseinrichtungen aus verschiedenen Ländern gaben einen Einblick in ihre KI-Anwendungen im Energiesystem. Das Forschungsatelier wurde von der Deutsch-Französischen Hochschule gefördert und war Teil der Internationalen Woche der FH Bielefeld.
„Das internationale Forschungsatelier war ein voller Erfolg!“, so Prof. Dr. Jens Haubrock, Leiter von AGNES. „Es wurde deutlich, dass KI ein vielversprechendes und zukunftsträchtiges Thema für den Energiesektor ist. Es besteht jedoch noch Bedarf für weitere Forschungsarbeiten. Umso wichtiger ist es daher, diese wichtige Technologie jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern verständlich zu vermitteln.“ Ein Ziel, das sich die teilnehmenden Hochschulen aus Bielefeld, Grenoble, Athen und Marokko auf die Fahne geschrieben haben.
Vorträge aus Forschung und Industrie und Netzbetreibern
„Das Forschungsatelier verdeutlichte, dass Künstliche Intelligenz ein vielversprechendes und zukunftsträchtiges Thema für den Energiesektor ist." Prof. Dr. Jens Haubrock, Leiter der Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme
Prof. Dr. Ulrich Schäfermeier, Vizepräsident für Internationales und Digitalisierung, wies bei seiner Begrüßung auf die Bedeutung der Forschung im Bereich KI und erneuerbare Energiequellen hin. Diese wurde auch in Sessions zum Thema „KI in der Energieversorgung“ von Vertreterinnen und Vertreter aus Forschung und Industrie im deutlich. Die Ehrengäste und Experten Prof. Nikos Hatziargyriou von der Nationalen Technischen Universität Athen und Prof. Nouredine Hadj-Sajd von der Universität Grenoble Alpes lenkten die Aufmerksamkeit auf die bevorstehenden Herausforderungen unseres Energiesystems und stellten die Bedeutung der KI für die Bewältigung dieser heraus. Zu den zentralen Herausforderungen zählen neben der Reduktion der CO2-Emissionen und Ausbremsung des Klimawandels und der Zuwachs an volatilen erneuerbaren Energieanlangen auch die Tatsache, dass mehr und mehr Sektoren elektrifiziert werden. DIes führt zu einer Zunahme von elektrischen Großverbrauchern. „Es besteht die Notwendigkeit, das Stromnetz anzupassen. Es ist wichtig, im Hinblick auf die Herausforderungen vorauszudenken", so Nouredine Hadj-Said.
Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz sowie die lokalen Verteilnetzbetreiber Westfalen Weser Netz, die Netzgesellschaft Gütersloh und die Bielefelder Netze präsentierten konkrete Anwendungen von KI in Energiesystemen und die damit verbundenen Herausforderungen. Polina Sokolnikova von 50Hertz stellte den Ansatz vor, KI-Algorithmen zur Lokalisierung und Klassifizierung möglicher Defekte anhand von hochauflösenden statischen Bildern von Freileitungen einzusetzen. Auch Wartung, Reparatur und Rückbau können durch den Einsatz von KI verbessert werden, wie Timo Busse von Westfalen Weser Netze ausführte. Ansgar Ottensmann von der Netzgesellschaft Gütersloh und Stefan Junghändel von den Bielefelder Netzen unterstrichen die Bedeutung von KI zur Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Betriebsaufgaben und den Bedarf an gut ausgebildeten Ingenieurinnen und Ingenieuren.
Enge Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern und Industrie
Bei der Bewältigung der Herausforderungen für die Energiesysteme erhalten die Netzbetreiber Unterstützung durch die Industrie. Die PSI Software AG bietet Software für Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber sowie für die Industrie. Dr. Michael Wolf von PSI präsentierte KI-Lösungen für relevante Probleme von Übertragungsnetzbetreibern, z.B. zum Management von Blindleistung und deren Verfügbarkeit/Reserven für gegenwärtige und zukünftige Zeiträume. Hélène Schricke von Atos Worldgrid aus Frankreich thematisierte die Notwendigkeit von Flexibilitäten im Energiesystem. Zu diesem Zweck entwickelte Atos Wordgrid KI-Lösungen zur Optimierung von Batteriespeichersystemen. „Energiespeichersysteme können im Zusammenhang mit dem groß angelegten Einsatz erneuerbarer Energien durch den Einsatz von KI effizient genutzt werden“, so Hélène Schricke.
Mehr Forschung benötigt
Obwohl die Industrie bereits mehrere KI-Lösungen vorgestellt hat, ist weitere Forschung wichtig. Fünf Forschungseinrichtungen aus drei Ländern präsentierten im Forschungsatelier ihre aktuellen Forschungsthemen im Bereich KI für den Energiesektor. Dr. Marc Hesse und seine Arbeitsgruppe von der Universität Bielefeld entwickeln derzeit ressourceneffizientes Cognitive Edge Computing zur Ausführung von KI-Algorithmen. Dadurch können Daten für die KI direkt vor Ort verarbeitet und Datenflüsse verringert sowie die Datensicherheit gewährleistet werden. Michael Kelker vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik der FH Bielefeld gab einen kurzen Überblick über die aktuellen Forschungsarbeiten zur KI in der Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme. Nadja Isabelle Hirsemann von der Technischen Universität Ilmenau untersucht die Datenanalyse von Spannungseinbrüchen mit Hilfe von KI, um die Ursache für die Einbrüche zu finden. In Marokko am Forschungsinstitut für Solarenergie und neue Energien verwenden Aboubakr Benazzouz und sein Team KI-Ansätze für die Lastprognose. Dr. Rémy Rigo-Mariani von der Universität Grenoble Alpes präsentierte einen unkonventionellen Ansatz: Sie beziehen Twitter-Feeds als zusätzliche Funktionen ein, um die Prognosetools zu verbessern.
Der letzte Tag stand im Zeichen der jungen Forschenden, die ihre aktuellen Arbeiten und Ergebnisse zu KI und Digitalisierung vorstellten. Die Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme der FH Bielefeld präsentierte ihre KI-basierten Vorhersageansätze für die lokal erzeugte PV-Leistung (Katrin Schulte) und für den Wärmebedarf zur Planung des Einsatzes von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (Julian Hövelmann) sowie Deep Reinforcement Learning für die autonome Steuerung von Niederspannungsnetzen, vorgestellt (Lars Quakernack). Die Universität Bielefeld präsentierte Anforderungen an den Einsatz von KI im Energiesektor durch Bastian Steinhagen sowie einen angepassten An-satz zur Zustandsschätzung des Niederspannungsnetzes basierend auf den Methoden der Fachhochschule Bielefeld, vorstellt durch Timon Jungh.. Eine weitere aktuelle Forschungsarbeit an der Fachhochschule Bielefeld betrifft die Bildung. Fynn Liegmann entwickelt eine Netzleitwarte in virtueller Realität zum Erlernen der Betriebsführung von realen Stromnetzen. Das Projekt, in dem diese Ausarbeitung entsteht, ist gefördert aus dem Digi Fellowships Programm und erweckte gerade bei den Netzbetreibern großes Interesse. Im Anschluss an die Vorträge hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, an einer Laborführung teilzunehmen, bei der auch die Virtual Reality Netzleitwarte ausprobiert werden konnte. (mgu/she)