Rund um das neue Maschinenlabor ist in den letzten zwei Semestern die Lehrfabrik Campus Minden entstanden.
Minden (fhb). 15 Studierende der praxisintegrierten Studiengänge haben die Konzeption weiterentwickelt, damit die Fabrik interdisziplinär in die Lehre eingebunden werden kann. Sogar ein erstes Produkt wurde schon hergestellt: Ein Flaschenöffner aus Edelstahl.
Im ‚Projekt Angewandte Wissenschaft (PAW)‘ haben die Studierenden analysiert, wie mit der vorhandenen Labor-Infrastruktur ein Produktentstehungsprozesses (PEP) realisiert werden kann. Konstruiert wird zunächst im CAD-Labor, wo mit einem 3D-Drucker Prototypen hergestellt und Finite-Elemente-Simulationen (FEM) durchgeführt werden können. Im Maschinenlabor befinden sich unter anderem eine CNC-Universal-Fräsmaschine, eine CNC-Drehmaschine zur Metallbearbeitung sowie eine Kunststoff-Spritzgießmaschine. Schließlich wird die Qualität geprüft, unter anderem in dem von den Studierenden neu eingerichteten Prüflabor.
„Mit der Lehrfabrik entsteht eine realitätsnahe Lehr- bzw. Lernumgebung, die systematisch in die technischen wie auch kaufmännischen Module des praxisintegrieren Studiums eingebunden wird. Es gibt nur wenige vergleichbare Lehrfabriken in Deutschland, insofern bildet sie ein Alleinstellungsmerkmal für den Campus“, erklärt Professor Christoph von Uthmann, der das Projekt betreut.
Jetzt haben die Studierenden ihre Ergebnisse zur Lehrfabrik präsentiert. „Bei aller Praxisorientierung ist uns auch die saubere wissenschaftliche Bearbeitung sehr wichtig, inklusive systematischem Vorgehen und korrektem Zitieren“, so von Uthmann. Zudem sei das Projektmanagement für die Studierenden eine Herausforderung. Denn zunächst mussten sie planen, wer überhaupt welche Aufgaben übernimmt und die Gruppe in fünf Teilprojekte aufteilen. Ein übergreifendes Integrationsteam definierte ein gemeinsames Zielbild für die Lehrfabrik und stimmte Schnittstellen zwischen den Teilprojekten ab.
Entlang der vorhandenen Laborausstattung soll die gesamte Wertschöpfungskette realisiert werden – von der Produktidee bis hin zum fertigen Produkt. „Dabei soll berücksichtigt werden, dass die Inhalte mit den Lehrmodulen kompatibel sind“, erklärte eine Studentin des Teilprojekts ‚Lehr-Rahmenkonzept und Kommunikation‘.
Das Team ‚Technischer Produktentstehungsprozess‘ hat sich mit der Frage beschäftigt, welches Produkt in der Lehrfabrik wie hergestellt werden könnte. Nachdem die Frage geklärt war, welche fertigungstechnischen Möglichkeiten bestehen, entschieden sie sich, einen Flaschenöffner aus Edelstahl zu produzieren. Nach der Konstruktion mit Computer Aided Design (CAD), dem Rapid-Prototyping im 3D-Druck und der Erstellung der Arbeitspläne und NC-Programme wurden mit der Säge, den Dreh- und Fräsmaschinen und manuellem Feilen die ersten Öffner hergestellt.
Das Teilprojekt ‚Auftragsabwicklung‘ hat Grundlagen dafür geschaffen, „Einzel-, Serien- und Variantenaufträge routinemäßig abwickeln zu können“, erklärte ein Student. „Wir haben uns insbesondere mit der Terminierung, dem Kapazitätsabgleich und der Kalkulation von Aufträgen befasst und dies am Beispiel des Flaschenöffners angewendet.“
Im vierten Teilprojekt ging es um Qualitätsmanagement und Prüfaufgaben in der Lehrfabrik und in diesem Zuge um den Aufbau eines Prüflabors. „Bis vor ein paar Wochen war dieser Raum noch leer“, erinnert sich eine Studentin. Jetzt können hier auf Basis detaillierter Unterlagen Prototypen, Zwischen- und Endprodukte an der Universalprüfmaschine oder unter dem Digitalmikroskop geprüft und Lerneinheiten durchgeführt werden. „Auch die fertigungsbegleitende Prüfung gehört dazu“. Mittelfristig sollen hier auch Prüfaufträge für Unternehmen durchgeführt werden.
Das fünfte Team hat eine Bestandsaufnahme im Maschinenlabor und CAD-Labor durchgeführt. „Wir haben geschaut, welche Betriebsmittel da sind, und welche Fertigungsverfahren in welchen Grenzen mit ihnen möglich sind, welche nicht, und was sollte künftig noch ergänzt werden“, erläuterte eine der Studentinnen. In einer Roadmap wurden kurz-, mittel- und langfristige Aktivitäten definiert. „Kurzfristig sollen zum Beispiel Maschinenwerkzeuge eingekauft werden, um unter anderem Werkzeuge für die Kunststoffverarbeitung selbst herstellen zu können. Mittelfristig soll beispielsweise eine Schweißstation angeschafft sowie die Maschinenautomatisierung (CAM) und der integrierte Datenaustausch ausgebaut werden“. So soll langfristig eine intelligente Fabrik im Sinne von Industrie 4.0 entstehen, die eine zukunftsweisende Lehre sowie Aus- und Weiterbildungsseminare für Unternehmen unterstützt.
Professor von Uthmann bedankte sich abschließend bei den Laboringenieuren Florian Ernst, Hubertus Lübbesmeier und Jörg Meier-Pechstein, ohne deren großes Engagement das Projekt Lehrfabrik Campus Minden nicht hätte umgesetzt werden können. Und es wird nicht das letzte Projekt dieser Art gewesen sein, ist sich von Uthmann sicher: „Dies ist erst der Einstieg, künftig sollen immer wieder Studierende in die Weiterentwicklung des Labors eingebunden werden.“
So kann zunächst an der Produktion des Campus Minden-Flaschenöffners weiter gefeilt werden – vielleicht geht er dann bald sogar in Serie.