Die Absolvent*innen des Fachbereichs Gestaltung stellen vom 27. bis 29. Januar 2016 ihre Abschlussarbeiten aus.
Derzeit herrscht eine aufgeladene Stimmung am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Bielefeld: Es ist wieder Semesterende, es ist wieder Prüfungszeit. Und vor allem: Es ist wieder Werkschau-Zeit. Dieses Wochenende, vom 27. bis 29. Januar, werden 56 Abschlussarbeiten aus den drei Studienrichtungen Grafik- und Kommunikationsdesign, Fotografie und Medien sowie Mode ausgestellt. 11 Master- sowie 45 Bachelorarbeiten werden in den Räumen des Fachbereichs an der Lampingstraße in Bielefeld gezeigt. Zusätzlich stehen die Absolventinnen und Absolventen den Besuchern für Fragen zur Verfügung.
So wie Katja Skoppek. Sie kehrte vor einem Jahr von einem Praktikum in Antwerpen zurück nach Bielefeld und stellte fest: Sie fühlte sich einsam. Die Freunde teilweise weggezogen, die Antwerpener weiterhin in Belgien und sie irgendwo dazwischen. „Die Menschen fehlten mir, die Nähe und die Berührungen“, berichtet sie. Diese Erfahrung inspirierte sie zu ihrer Masterarbeit „Die ferne Nähe“, in der sie Gefühlswelten durch Kleidung visualisiert. So fällt dem Besucher sofort ein dicker Daunenmantel, der aus einer Bettdecke gearbeitet wurde, ins Auge. „Ich habe den Mantel ähnlich einer klassischen Daunenjacke gearbeitet, wollte dabei aber das Gefühl einer frisch aufgeschlagenen Daunendecke vermitteln“, sagt Skoppek. Der besondere Clou: Der Mantel ist teilbar. „So können ihn zwei Personen gleichzeitig tragen, auch wenn sie vielleicht weit voneinander entfernt sind“, erklärt die Masterabsolventin in der Studienrichtung Mode. Zudem hat sie Mäntel gefertigt, die als Rucksack tragbar sind. „Ich mag es, kleine Raffinessen in die Modelle einzuarbeiten“, sagt Skoppek.
Mit Vorurteilen haben sich sowohl Alexandra Polina als auch Erik Machens in ihren Masterarbeiten auseinandergesetzt. Polina fragte sich, welche Personen eigentlich deutsch sind. So sprach sie fremde Personen auf der Straße und in Café an, die äußerlich zunächst nicht dem Stereotyp „typisch deutsch“ entsprachen. Sie alle haben aber eins gemeinsam: Sie sind Deutsche, sind hier geboren und aufgewachsen. Polina fotografierte die Personen so, wie sie waren, inszenierte nur die Umgebung, in der sie sich befanden. „Ich spiele mit den Stereotypen. Wir denken in Kategorien, die will ich aufzeigen und hinterfragen“, so die Masterabsolventin in der Studienrichtung Fotografie und Medien.
Erik Machens hat in seiner Masterarbeit in der Studienrichtung Grafik und Kommunikationsdesign die Gestaltung des noch fiktiven Vereins „F.R.E.A.K. International“ entworfen. „Es ist ein Verein, der für die Rechte all jener kämpfen soll, die von Stigmatisierung, Diskriminierung und Exklusion betroffen sind, also gesellschaftlich als Freaks gelten“, so Machens. Zu den Freaks zählt er, der selbst im Rollstuhl sitzt, Schwarze, Schwule, Frauen sowie geistig und körperlich Behinderte. „Ich will mit meiner Satireaktion das Bewusstsein dafür schaffen, wie vielen Vorurteilen diese Personengruppen ausgesetzt sind. Man hat es doch einfach nur mit Menschen zu tun“, so Machens. Und wahrscheinlich wird der Verein keine Satire bleiben: Machens wird während der Werkschau eine E-Mail-Liste auslegen, um Mitglieder für eine Vereinsgründung zu finden.
Den Katalog und die Plakate zur Werkschau entwarfen Annika Hübner und Vanessa Di Giulio. Als Titelbild wählten die beiden Grafik-Masterstudentinnen, die frisch von anderen Hochschulen nach Bielefeld gewechselt sind, ein Bild, das am Fachbereich gleich für Aufsehen sorgte: Unwissentlich hatten sie ein Werk des ehemaligen HSBI-Professors Gottfried Jäger aus den 1980er Jahren ausgewählt. „Unterschiedliche Köpfe kommen manchmal zu unterschiedlichen Zeiten zu ähnlichen Ergebnissen“, kommentiert Dekan Prof. Roman Bezjak die Wahl. Die Werkschau sei für die Absolventinnen und Absolventen die Überschneidung zweier Phasen: Das Ende des Studiums und der Anfang von etwas Neuem. Dadurch entstehe auch Unsicherheit. „Zum einen vor der Zukunft, aber auch durch die Offenlegung der eigenen Werke vor der Öffentlichkeit. Gottfried Jägers Bild soll dies ausdrücken“, erklärt Hübner. Wie die Abschlussarbeiten der Gestalterinnen und Gestalter offengelegt werden, wird im Katalog und auf den Plakaten auch das Schriftbild aufgebrochen: Alle Zahlen - sogar die Seitenzahlen und Uhrzeiten - werden ausgeschrieben. „Das ist im ersten Moment nicht unbedingt leicht zu verstehen, doch wer lesen kann ist da klar im Vorteil“, sagt Bezjak schmunzelnd.
Der Bachelor- und Masterstudiengang Gestaltung bietet die Studienrichtungen: