KI für die hochflexible variantenreiche Massenproduktion

Gezeichnetes Bild einer Fabrik für die individuelle Herstellung von Autos



Projektübersicht

Anzahl Studierende 1
Art Studienprojekt mit externen Partnern
Projektverantwortung Prof. Dr. Christian Schwede
Projektkontext Projekt in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST) in Dortmund und im Kontext des Center for Applied Data Science (CfADS) sowie des Institute for Data Science Solutions (IDaS); Anstellung als Hiwi bei Fraunhofer ist möglich

 

Kurzbeschreibung

In der sogenannten Matrixproduktion wird die Produktion dezentral von Software-Agenten in einem Multiagentsystem (MAS) koordiniert. Die Ressourcen-Agenten verhandeln hierbei bspw. mit dem Auftragsagenten über die Erbringung von Wertschöpfungsprozesse, die für die Realisierung des Auftrages nötig sind. Die Freiheit der Reihenfolge der Fertigungsschritte wird hierbei nur durch technische Eigenschaften des Produktes beschränkt. Auf diese Weise kann sich das gesamte System flexibel an nichtgeplante Vorfälle, wie bspw. einen Lieferengpass oder einen Maschinenausfall anpassen. Während dem Konzept in der Automobilindustrie zuerst mit Ablehnung und Skepsis begegnet wurde, gibt es seit ein paar Jahren intensive Bestrebungen, eine Operationalisierung zu erforschen und voranzutreiben. Grundsätzlich sind zu einem effizienten Einsatz noch zahlreiche Fragen offen die es zu erforschen gilt.
In der Forschungsgruppe der HSBI wird seit einigen Jahren in Kooperation mit dem Fraunhofer ISST in Dortmund das Softwaretool RIOTANA® (Realtime Internet-Of-Things ANAlytics) entwickelt, das es unter anderem erlaubt mit agentenbasierter Simulation die hochflexiblen Matrixproduktionen zu modellieren und verschiedene Strategien und Designvarianten dynamisch zu bewerten. Das Tool ist außerdem als Digitaler Zwilling einsetzbar und kann über Sensordatenströme direkt mit der Produktion verbunden und zur Steuerung der operativen Prozesse genutzt werden.

Aufgabenstellung

Der/ die Studierende hat die Möglichkeit an einem der folgenden Themen zu arbeiten, um die Möglichkeiten und Limitationen der Matrixproduktion zu erforschen und neue Lösungskonzepte auf der Realisierung zum Stand der Technik beizusteuern.

Agentensteuerung für die dezentrale Produktion
Eine der entschiedensten offenen Fragen ist die der optimalen Steuerung der Agenten. Insbesondere die Synchronisation der Materialflüsse mit dem Hautprodukt ist eine entscheidende, um Wartezeiten zu verhindern und gleichzeitig die Flexibilität zu erhalten. Die Entwicklung und Implementierung effizienter Steuerungsstrategien für das MAS ist hier die Kernaufgabe, die unter anderem die Frage beinhalten ob und in wie weit in die Zukunft geplant und reserviert werden sollte. Methoden der Optimierung, Such und Planalgorithmen aus der KI oder Reinforcement Learning können hier eingesetzt werden.

Layoutdesign und -optimierung
Auch wenn der Begriff Matrixproduktion eine Gitternetzförmige Anordnung der Produktionsstationen andeutet, so ist die Frage nach der optimalen Anordnung der verschiedenen Elemente der Matrixproduktion (Stationen, Lagerorte für Teile, Ladestationen der Transportfahrzeuge, Parkplätze zur Zwischenpufferung von Karosse usw.) noch nicht final entscheiden. Optimierungsalgorithmen, die in Kombination mit der Simulation als Evaluierungsmethode eingesetzt werden müssen hier entwickelt werden, um für ein konkretes Produktionssetup das optimale Layout zu bestimmen. Auf die Frage wie stark das optimale Layout vom konkreten Auftragsmix abhängt ist relevant und könnte die Notwendigkeit einer regelmäßigen Überplanung des Layouts implizieren.

Routing und Stauanalyse
Die Entstehung von Staus vor den Produktionsstationen oder rauf den verschiedenen Wegen ist ein zentraler Aspekt der Effizienz des Gesamtsystems. Hierzu muss die Simulationsumgebung um ein Element der Routenplanung erweitert werden, das auch temporäre Routenkonflikte erkennt. KI-Suchalgorithmen aus dem Bereich der Wegefindung müssen implementiert und verschiedenen Strategien getestet werden. Schließlich müssen existierende Steuerungsstrategien und Layouts vor dem Hintergrund von Staus im System untersucht und bewertet werden.
Beschleunigung der Verhandlungen mittels Reinforcement Learning
Eine Schwachstelle von Multiagentensystemen ist das Kommunikationsaufkommen, dass durch die dezentralen Verhandlungen zwischen den Agenten entsteht. Hier gilt es Verhandlungsstrategien zu untersuchen, implementieren und zu vergleichen und insbesondere unnötige Kommunikation zu
vermeiden. Reinforcement Learning kann eingesetzt werden, um zu erkennen, wann Anfragen von Agenten nicht zielführend sind und so im Vorhinein vermieden werden können.

Agentenbasierte Wertschöpfungsnetzwerke
Die Einbindung der logistischen Prozesse aus dem Wertschöpfungsnetzwerk rund um die Produktion ist ein weiteres offenes Thema. Neben der Entwicklung geeigneter Ver- und Entsorgungsstrategien, die mit den Bedürfnissen der flexiblen Matrixproduktion übereinstimmen müssen soll die Visionäre Frage beantwortet werden, ob die dezentrale, autonome Wertschöpfung auch über die Fabrikgrenzen hinaus erweitert werden kann. Hierzu müssen die Agenten auf Basis von Geld als Zahlungsmittel Verträge mit Lieferanten und Dienstleistern verhandeln. Die entsprechenden Verhandlungsalgorithmen und Szenarien müssen umgesetzt und evaluiert werden.

 

Bezug zum Thema Data Science

Softwareagenten und Multiagentensysteme, Suchalgorithmen und Reinforcement Learning sind Kerngebiete der KI und werden in verschiedenen Veranstaltungen des Forschungsmasters thematisiert.

 

Verfügbare Ressourcen

  • Das Modellierungsframework Riotana® wird von des HSBI und dem Fraunhofer ISST bereitgestellt
  • Industrienahe Szenarien einer individuellen Fahrradproduktion existieren zur Validierung der Entwicklungen
  • Szenarien von Industriekunden des ISST und der IoT-Factory in Gütersloh existieren ebenfalls zu Evaluierung einzelner Verfahren
  • Hardware für das komplexere Maschine Learning ist über das Data Science Lab oder das CfADS der verfügbar

 

Projektplan

Erstes Semester: Formulierung des Forschungsexposees, Einarbeitung in die Riotana®-Umgebung, Auswahl des Themas.
Zweites Semester: Modellierung eines ersten Szenarios, Recherche zu relevanten Arbeiten in Themenfeld und Erstellung eines Reports zu Stand der Technik.
Drittes Semester: Implementierung und Evaluierung erster Verfahren, Auswertung erster Ergebnisse auf Basis des Szenarios, Verfassen eines Papers für eine (inter-)nationale Fachkonferenz.
Viertes Semester: Entwicklung weiterer Verfahren und Optimierung des Gesamtansatzes, Auswertung der Güte und Evaluierung der Ergebnisse in der Masterarbeit

 

Eignungskriterien

Zwingend:

  • Programmierkenntnisse (optimal in Python)

Optional:

  • Erfahrung mit Agentensystemen
  • Erfahrung mit Simulation und Optimierung
  • Hintergrundwissen zu Produktionslogistik und Produktionssystemen
  • Erfahrung mit der Implementierung von Reinforcement Learning / ML-Verfahren


Erwerbbare Kompetenzen

  • Einsatz von Verfahren des Reinforcement Learnings

  • Entwicklung und Bewertung von MAS

  • Entwicklung von intelligenten Agenten
  • Arbeiten mit Agentensimulationen
  • Planung von Produktions- und Logistiksystemen insbesondere von Martixproduktionssystemen und Industrie 4.0